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Digestive Disease Week 2011
 
Vom 7.-11. Mai 2011 hat in Chicago der grosse Amerikanische Gastroenterologie- und Hepatologie-Kongress stattgefunden. Die für den Praxisalltag relevanten Highlights sind hier für Sie zusammengefasst.

 

Kolonpolypen / Kolonkarzinom

Kolorektalkarzinom: Kolonoskopie bleibt der Goldstandard zur Früherkennung und Prävention (Abstract 906)

Zu diesem Schluss kommen die Autoren einer retrospektiven Studie an 25'500 Personen im Alter von 67 Jahren oder mehr, welche sich zwischen 1998 und 2005 einer Endoskopie des unteren Darmtraktes unterzogen. Hochrisikopatienten waren von der Studie ausgeschlossen. Bei 849 Teilnehmern wurde innerhalb von 6 bis 36 Monaten nach Endoskopie ein kolorektales Karzinom entdeckt, was gemäss Studiendefinition als verpasstes Malignom galt. Nach Kolonoskopie betrug die Rate verpasster Karzinome 3% und nach flexibler Sigmoidoskopie 12%. Die Autoren schliessen aus diesen Ergebnissen, dass zumindest ältere Personen aufgrund der viel besseren Sensitivität anstelle einer flexiblen Sigmoidoskopie eine Kolonoskopie als Kolonkarzinom-Screening- oder Diagnoseuntersuchung erhalten sollten.

 

Positive Erfahrungen mit ultradünnem pädiatrischem Endoskop (Abstract #Sa1608)

Pädiatrische Gastroenterologen haben in Zusammenarbeit mit der Industrie ein neues, ultradünnes Kolonoskop entwickelt, welches bei Kindern und Kleinkindern die Einführung in den Darm und die Operabilität optimieren soll. Eine Gruppe um den Japaner Nakayama hat eine Fallserie von 21 jungen Patienten präsentiert, welche unter moderater Sedation mit dem neuen Endoskop untersucht wurden. Die Ergebnisse sind viel versprechend: Bei befriedigender Bildqualität betrug die coekale Intubationsrate 100% und die Intubationsrate des terminalen Ileums 93%. Biopsien konnten bei allen Kindern entnommen werden; Komplikationen traten keine auf. „Kinder brauchen ein eigenes Endoskop und diese neue Errungenschaft ermöglicht eine einfachere, frühere Diagnose und damit auch eine optimierte Therapie“, so Nakayama. Ein Nachteil des schmalen Durchmessers ist, dass zurzeit therapeutische Instrumente wie Clips, Schlingen und Lasersonde nicht in den Interventionskanal eingeführt werden können.

 

Körperliche Aktivität reduziert Risiko für Kolonpolypen (Abstract Su1545)

Selbst ein wenig intensives körperliches Training einmal pro Woche ist mit einem geringeren Kolonpolypen-Risiko assoziiert, wie eine Untersuchung von 982 Personen im mittleren Alter ergab. In der Kolonoskopie fand sich bei Personen mit bereits leichter körperlicher Aktivität (Spazieren oder Treppensteigen) mindestens einmal pro Woche eine Polypenrate von 25%, im Vergleich zu 33% bei Teilnehmern, welche körperlich gar nicht aktiv waren. Am deutlichsten scheinen Übergewichtige und Adipöse von der körperlichen Ertüchtigung zu profitieren.

 

Polypektomie: Akzeptables Blutungsrisiko auch unter Clopidogrel (Abstract 528)

Bei der Beurteilung, ob ein Thrombozytenaggregationshemmer vor Polypektomie sistiert werden soll oder nicht, müssen Risiken und Benefit gegeneinander abgewogen werden. Clopidogrel wird meistens eingenommen, um das Risiko einer koronaren Stentthrombose zu senken, was den Patienten vor einem erneuten Myokardinfarkt schützen kann. Über das Blutungsrisiko bei Polypektomie unter Clopidogrel war bisher wenig bekannt. Eine Analyse der Daten von 118 Patienten unter Clopidogrel und 1849 Patienten ohne Clopidogrel zeigt nun, dass das Blutungsrisiko nach Polypenentfernung in den beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich war. Auch bei den Clopidogrelexponierten lag das Risiko einer Blutung unter 1%. Und auch beim Auftreten einer Blutung traten keine Komplikationen auf. Die Erhöhung des kardiovaskulären Risikos bei Absetzen von Clopidogrel scheint insgesamt das Blutungsrisiko bei Weiterführung der Plättchenhemmung zu überwiegen, so die Autoren. Allerdings wurden zu 85% Polypen in einer Grösse < 1 cm entfernt und grössere Polypen mit einem Clip abgetragen, gab der Studienerstautor zu bedenken.

 
 

Hepatologie

Impfrate gegen Hepatitis A und B bei chronischen Leberleiden und Diabetes mellitus zu niedrig (Abstract Su1020)

Menschen mit chronischen Lebererkrankungen oder Diabetes mellitus haben ein erhöhtes Risiko, einen schweren Verlauf einer Hepatitis A oder B zu erleiden, mit schwerem Leberversagen oder Tod als mögliche Folgen. Mehrere medizinische Fachgesellschaften empfehlen deshalb, Patienten mit Diabetes oder chronischen Leberleiden gegen Hepatitis A und B zu impfen. Diesen Empfehlungen wird jedoch gemäss einer in Chicago präsentierten Studie zu selten Folge geleistet, so die Konklusion der Autoren. In zwei verschiedenen Populationen mit 3239 Personen mit chronischen Lebererkrankungen einerseits und 2480 Diabetikern andererseits betrug die Hepatitis-Impfrate gerade mal 30%. Die Tendenz sei allerdings steigend, so die Studienautoren. Yanoussi und Kollegen fordern, die Aufklärung über die Wichtigkeit der Impfung von Patienten mit Diabetes und Leberleiden bei Grundversorgern und Spezialisten zu fördern.

 

Telaprevir verbessert Therapie-Ansprechen bei Hepatitis C Genotyp 1 (Abstract 625r)

Patienten mit einer Genotyp 1 Hepatitis C sind speziell schwierig zu therapieren, da die Ansprechraten auf die Standardtherapie mit pegyliertem Interferon und Ribavirin geringer sind als bei den anderen Genotypen. Die Endresultate der randomisierten Studie REALIZE von Pockro und Kollegen bei 662 Patienten mit Hepatitis vom Genotyp 1 zeigt nun, dass die Ansprechrate durch die Verabreichung des Proteasehemmers Telaprevir zur Standardtherapie stark verbessert werden kann. „Eine exzellente Verbesserung des anhaltenden virologischen Ansprechens zeigte sich bei allen Subgruppen, allerdings war die Dreierkombination bei Patienten mit Rezidiv oder lediglich partiellem Ansprechen auf Peginterferon/Ribavirin am effektivsten“, so der Studienleiter im Interview. Dabei spielt es für den Therapieerfolg gemäss Studienresultaten keine Rolle, ob Telaprevir von Anfang an oder erst nach einer 4-wöchigen Initialbehandlung mit Peginterferon/Ribavirin zusätzlich verabreicht wird.

 

Rifaximin verhindert Komplikationen bei Leberzirrhose (Abstract 729)

Die spontane bakterielle Peritonitis (SBP) ist bei Leberzirrhose mit Aszites eine gefürchtete Komplikation mit einer hohen Mortalität. Die Autoren einer an der DDW präsentierten Studie haben den Effekt einer Therapie mit Rifaximin auf das SBP-Risiko und das transplantatfreie Überleben untersucht. Von 404 Personen mit Leberzirrhose und punktionsbedürftigem Aszites erhielten 49 (12%) Rifaximin. Unter Rifaximin blieben 89% der Patienten frei von einer SBP, bei den Kontrollpersonen waren es lediglich 68%. Nach Abgleich der Resultate bezüglich Stadium der Leberzirrhose, Serumnatrium und Proteingehalt im Aszites reduzierte Rifaximin das Risiko für eine spontane bakterielle Peritonitis um 72%. Das transplantatfreie Überleben betrug unter Rifaximin 72% versus 57% ohne Rifaximin. Eine randomisierte Studie sollte diese Ergebnisse nun bestätigen, so die Autoren.

 
 

Adipositas / Bariatrische Chirurgie

Kinder mit hohem Risiko für Adipositas sollten bereits im Alter zwischen 2 und 5 identifiziert und therapiert werden (Abstract Mo1347)

In den USA wird empfohlen, Kinder zwischen 6 und 18 Jahren auf Übergewicht und Adipositas zu screenen und bei Bedarf in entsprechende Lifestyle-Programme zu integrieren. Eine Interventionsstudie zeigt nun, dass Risikokinder bereits viel früher identifiziert werden sollten, da diese fast siebenmal besser auf Interventionen ansprechen als ältere Kinder. Sandeep und Kollegen haben 462 Kinder in ein einjähriges intensives Programm eingeschlossen, welches Ernährungsberatung, Physiotherapie, psychologische und verhaltenstherapeutische Aspekte berücksichtigte. Obwohl die jüngeren, zwischen 2 und 5 Jahre alten Kinder relativ stärker übergewichtig waren, sprachen sie auf das Interventionsprogramm besser an als Kinder im Alter ab 6 Jahren.

 

Kardiovaskuläre Risikofaktoren verbessern sich nach Magenbypass (Abstract 689)

Neben der Verbesserung der aktuellen Lebenssituation steht bei der Therapie der Adipositas die Reduktion des kardiovaskulären Risikos im Vordergrund. Morton und Kollegen haben zwischen 2004 und 2010 99 Erwachsene und 33 Adoleszente mit einem durchschnittlichen BMI von 52 mit einer Magenbypassoperation (Roux-en-Y) therapiert. Mindestens die Hälfte der Patienten litt unter Hypertonie, Dyslipidämie und obstruktivem Schlaf-Apnoe Syndrom. 12 Monate nach Operation verbesserten sich die kardiovaskulären Risikomarker deutlich, bei den Adoleszenten noch ausgeprägter als bei den Erwachsenen. Die Nüchterninsulinspiegel z.B. betrugen nach einem Jahr noch einen Viertel der Werte vor der Operation. „Bei den richtigen Patienten und in den richtigen Händen kann diese Intervention ausgesuchten Personen deren Leben zurückgeben“ so die sinngemässe Konklusion der Autoren.

 

Risiko für Alkoholkrankheit nach Magenbypass erhöht (Abstract 266)

Zu diesem Schluss kommen die Autoren einer grossen schwedischen Fallkontrollstudie am Karolinska Institut in Stockholm. Sie verglichen 12'277 Patienten nach bariatrischer Chirurgie (Operation zwischen 1980 und 2006) mit über 122'000 Kontrollindividuen. Sowohl vor als auch nach Operation hatten die bariatrischen Patienten signifikant höhere Hospitalisationsraten aufgrund psychiatrischer Erkrankungen. Postoperativ war die Magenbypassoperation mit einem doppelten Risiko für eine Alkoholabhängigkeit assoziiert, im Vergleich zu restriktiveren Operationen. Die Frage des Alkoholkonsums sollte bei diesen Patienten unbedingt angesprochen und diskutiert werden, so die Studienerstautorin Magdalena Plecka Östlund.

 

Abnehmen mit einem endoskopisch platzierten Device: Erste Resultate mit dem EndoBarrier (Abstract 792)

Forscher aus Europa und Südamerika haben einen endoskopisch implantierbaren Device entwickelt, welcher ähnlich wie ein Bypass funktioniert aber keine Operation notwendig macht. Mittels Endoskop wird eine Art Schlauch in Jejunum und Duodenum eingeführt, so dass der Speisebrei aus dem Magen direkt in diesen Schlauch befördert wird. Dort nimmt die Nahrung seinen natürlichen Weg im Schlauch, ohne aber mit Enzymen oder der Darmwand in Berührung zu kommen. Jederzeit kann der Device wieder endoskopisch entfernt werden. In eine an der DDW vorgestellten Studie wurden 22 adipöse Typ 2 Diabetiker mit einem mittleren BMI von 34 eingeschlossen. Ein Jahr nach Einbringen des EndoBarriers verbesserten sich die Blutzuckerwerte, das Gewicht, der Lipoproteinspiegel sowie die Triglyceride als bedeutende kardiovaskuläre Risikofaktoren signifikant. Nach einem Jahr betrug der durchschnittliche Gewichtsverlust fast 20 kg. Antidiabetika konnten reduziert werden und 19.2% der Patienten brauchten überhaupt keine Antidiabetika mehr. Insulin-, C-Peptid-, Cholesterin-, LDL- und Triglyceridspiegel normalisierten sich innerhalb von einem Jahr. Bei mehreren Patienten musste der EndoBarrier vorzeitig entfernt werden, z.B. wegen Verschiebung des Devices (2), wegen Nausea und Erbrechen (1), wegen Bauchschmerzen (1) oder wegen einer GI-Blutung (1).

 
 

Reizdarm (Irritable Bowel Syndrome, IBS)

Meditation bei IBS reduziert Stärke der Symptome (Abstract 219)

Konventionelle Therapien führen bei den meisten Patienten mit Irritable Bowel Syndrome (Reizdarm oder IBS) nicht zu einer befriedigenden Linderung der Symptomatik. Ein Team um Susan Gaylord hat an der University of North Carolina 75 Frauen in eine randomisierte Studie eingeschlossen, um den Effekt eines wöchentlichen meditativen Aufmerksamkeitstrainings während 8 Wochen zu evaluieren. Die Kontrollgruppe erhielt eine Standardtherapie. Die Stärke der IBS-Symptome reduzierte sich bis zur Woche 8 in der Meditationsgruppe signifikant stärker als in der Kontrollgruppe (Verbesserung um 26.4% versus 6.2%). Bei der 3-Monatsvisits war der Unterschied zwischen den beiden Gruppen sogar noch ausgeprägter (Verbesserung um 38.2% versus 11.8%). Nach 3 Monaten waren auch signifikante Unterschiede bezüglich Lebensqualität, Angst und psychologischem Dystress zugunsten der Meditation nachweisbar. Konklusion der Autoren: Meditation ist eine einfache, weit verbreitete, kostengünstige und effektive Methode zur Verbesserung der Symptome und des Wohlbefindens von Patienten mit IBS.

 
 

Ernährung / Zöliakie

Ernährung beeinflusst Gallensteinrisiko in der Schwangerschaft (Abstract 322)

Das Risiko für Gallensteine ist bei Frauen in der Schwangerschaft und postpartal deutlich erhöht. Ko und Kollegen haben in einer an der DDW 2011 präsentierten Studie herausgefunden, dass die Menge an Kohlenhydraten, Stärke und Fruktose das Gallensteinrisiko deutlich beeinflusst. Die Autoren haben über 3000 schwangere Frauen im ersten Trimester in ihre Studie eingeschlossen und bis 4-6 Wochen nach Geburt monitorisiert. In den dreimal durchgeführten Ultraschalluntersuchungen waren Gallensteine bei dem Viertel der Frauen mit dem höchsten Konsum von Kohlenhydraten signifikant häufiger nachweisbar – unabhängig vom Fett- und Proteinverzehr. Auch Stärke und Fruktose erhöhten das Risiko für Gallensteinerkrankungen.

 

Sollten asymptomatische Personen mit Zöliakie behandelt werden? (Abstract 620)

Man geht davon aus, dass bis 90% der 1-2% von Zöliakie betroffenen Menschen in der westlichen Bevölkerung keine korrekte Diagnose erhalten. Deshalb wird teilweise sogar gefordert, die Gesamtbevölkerung auf Zöliakie zu screenen. Eine kürzliche Studie hat gezeigt, dass asymptomatische Patienten von einem Screening und einer glutenfreien Ernährung profitieren. In einer aktuellen Studie ernährten sich 40 Patienten randomisiert entweder glutenfrei oder normal, inklusive Gluten. 58% der gescreenten Personen beurteilten die Suche nach der Zöliakie als positiv und nach Studienende wollten 85% der Betroffenen mit der glutenfreien Ernährung weiterfahren. Die Konklusion der Studienautoren: Unabhängig von der klinischen Präsentation der Zöliakie haben die meisten positiv gescreenten Menschen von einer frühen glutenfreien Ernährung profitiert.


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23.05.2011 - dde


 
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